Samstag, 23. Juni 2012

"Und jetzt auch noch Bienen"

Juni 2012
Prolog:
Ich war schon immer dafür bekannt, gerne mal neues auszuprobieren. Als vor einiger Zeit im woodworking.de - Forum jemand von seiner neuen Freizeitbeschäftigung, dem Hobby-Imkern, erzählte, war ich sofort interessiert.

Bild von Muhammad Mahdi Karim
Hier wurde auf ein interessantes System, die Bienenkiste verwiesen. Ich schaute mir viele Videos an und las einige Stunden im Internet nach. Ich möchte zwar nicht "Partei" für das eine oder andere System ergreifen, aber bei aller Kritik an der Bienenkiste hat sie mich zumindest zu diesem spannenden Hobby geführt.


Reaktionen:
Als ich dann allerdings im Kreis der Familie und Freunde von meinem Plan berichtete, begegnete man mir mit einer gewissen Skepsis. "Und jetzt auch noch Bienen", "Du bist doch allergisch" (dazu später mehr), "Das ist doch zu teuer" waren einige der Einwände.
Manche wollten mir gleich Honig abkaufen und auch die erste "Allianz" wurde besprochen.

Kosten:
Gleich mal zu den Kosten, ja die Anfangsinvestitionen sind nicht ganz ohne. Pro Stock muss man wohl mit ca. €100 - €150 rechnen - ohne auch nur eine Biene versteht sich. Einige fangen natürlich mit ein paar mehr Stöcken an (z.B. 3-5). Dazu kommen dann noch einige Utensilien wie Schleier, Smoker, Bienentabak, Stockmeisel und vieles mehr. Hier kann man auch nochmal gute €100 -  €150 lassen. Bei den Schleudern wirds dann richtig spannend. Hier ist alles zwischen €200 (ordentliche gebrauchte Ware) bis € 5.000 (Rundum-Sorglos-Paket) zu haben.
ABER: Nachdem ein Honigvolk, wie man mir berichtete auch gern mal 20Kg - 25 Kg Honig liefern kann, kommt mit der Zeit auch wieder ein wenig rein. Das muss man diesem Hobby wirklich zu Gute halten. Ein Glas guten Honigs kostet in der Regel etwa €4,50, nachdem ich den Aufwand gesehen habe ist dies auch mehr als angemessen.
Ich denke so mancher Skifahrer träumt nur davon eine monetäre "Rendite" aus seinem Hobby ziehen zu können.
Außerdem gibt es aufgrund der Wichtigkeit der Imkerei wegen der Bestäubung in der Landwirtschaft auch "Anschubhilfen" vom Staat für Berufs- und Hobbyimker.

Allergie:
Ein nicht unwichtiges Thema. Als Kind der Neuzeit bin ich mit allerlei mal mehr mal weniger stark ausgeprägten Allergien gesegnet. Auch eine leichte Insektenstichallergie nenne ich mein eigen. Man berichtete mir, dass sich der Körper mit der Zeit an die Stiche gewöhnt und Schwellung nur noch in geringem Maße oder gar nicht mehr auftreten. Nachdem ich aktuell sowieso eine Hyposensibilisierung durchlaufe, fragte ich beim nächsten Termin meinen behandelnden Arzt. So seien lokal heftigere Reaktionen auch aus dessen Sicht nicht zwingend ein Ausschlusskriterium für dieses Hobby, systemische Reaktionen wie z.B. Atemnot, Epilepsie, starke Kopfschmerzen, Erbrechen, Durchfall etc. pp. sollten dann aber entsprechend ernst genommen werden und Vorkehrungen getroffen werden. Dies können z.B. eine Hyposensibilisierung, Schutzkleidung, Notspritzen sein.
Ich wurde bislang leider noch nicht gestochen und ersehne daher den ersten Stich, eigentlich rechne ich maximal mit lokalen stärkeren Schwellungen - mal sehn.

"Angestochen"...:
...wurde ich letztlich beim diesjährigen Lernfest in unserem Städtchen, wo sich neben vielen anderen auch der heimische Imkerverein vorstellte. Mit vielen Informationen im Kopf und einem festen Termin zum "Imkern auf Probe" ging ich Heim und freute mich über das neu Erlernte und das was da wohl kommen mag.

Imkern auf Probe:
Hierbei handelt es sich um ein sehr interessantes und sinnvolles Projekt, das einige Imkervereine anbieten. Hierbei erhält der Jungimker für eine aus meinen Augen günstigen Preis (€80-€120) für ein Jahr einen Bienenstock inklusive Volk.
Der Einstieg ist jeweils zum Jahresbeginn möglich, weswegen ich aktuell auch erst "nur" Zuschauer bin.
In diesem Jahr wird man von seinem Paten begleitet und alle Arbeiten um und mit dem Volk gezeigt und angeleitet. Einmal pro Woche ist hier Treffpunkt, um nach seinem Stock zu sehen. Gerade den Faktor Zeit finde ich sehr wichtig. Einmal pro Woche muss man sich pro Stock etwa ein halbe Stunde bis Stunde kümmern, das ist aber deutlich weniger als bei einer Katze oder einem Hund - selbst ein Goldfisch braucht mehr Zeit. Außerdem wir reden hier ja auch von etwa 30.000 - 50.000 Bienen.
Sollte man mal in Urlaub sein, ist dies auch nicht weiter schlimm, da sich dann jemand anders um den Stock kümmern kann.

Mein erstes mal...:
... war sehr aufregend. Ein schöner sonniger aber nicht zu warmer Tag. Ich laufe eine Lichtung hinunter und da stehen sie aufgereiht ein gutes Dutzend Bienenstöcke. Zwei Anleiter waren vor Ort und etwa fünf oder sechs Probeimker. Ich muss zugeben, dass mir schon etwas mulmig zu Mute war, als ich hier das erste Mal vor den Stöcken stand und hunderte Bienen um mich herum surrten. Man steht strategisch auch besser hinterm Bienenstock - naja hätte man auch selbst darauf kommen können.
Die Durchsicht eines Stockes erfolgt folgendermaßen (sollten Imker mitlesen und ich evtl. etwas nicht ganz richtig beschreiben, sehe es man mir nach):
Zuerst wird der Deckel abgehoben und der oder die Honigräume beiseite gestellt. Hier sollte auch mit dem Smoker leicht eingeraucht werden, um die Bienen zu besänftigen. Der Honigraum sollte aber nicht zu viel abbekommen - oder kennt Ihr Räucherhonig?
Die einzelnen Rähmchen werden aus dem Kasten gezogen und kontrolliert. Während der Schwarmzeit sind die Waiselzellen zu entfernen, um ein Schlüpfen einer jungen Königin zu verhindern oder nur gezielt und kontrolliert zu zulassen. Macht man dies nicht schlüpfen eine oder meherere Königinnen und schwärmen jeweils mit einigen tausend Bienen aus um irgendwo anders ein neues Volk zu gründen. Dies ist aber zugleich auch eine Schwächung des alten Schwarmes, daher heists auskratzen - man könnte es vielleicht auch "abtreiben" nennen.
Ebenso werden die Drohnen kontrolliert und die verschiedenen Waben für Brut, Drohnen, Pollen und natürlich Honig gesichtet. Honig direkt aus der Wabe ist schon etwas besonderes.
Achja, dann gibts da noch das Gelee Royal, also das Futter für die Königinnenlarfen - ich beschreib den Geschmack mal so, als Kind brachte man mir bei, das Dinge die schrecklich schmecken oft sehr gesund sind. Einmal Gelee Royal und man stirbt sicher nicht bevor man 110 wird.
Natürlich blieb es beim ersten mal nicht aus, dass jemand einen kleinen Fehler machte und die Bienen in den Angriffsmodus schalteten. Bis dahin hatte ich keinen sog. Schleier, also diesen lustigen Imkerhut, aufgesetzt. Als mir dann aber ein Ball aus Bienen gegen die Stirn flog zog ich doch vor mich etwas zu vermummen, frei nach dem Motto "Safety first".
Es ist zu erwähnen, dass ich die zweieinhalb Stunden, die ich dort das erste mal verbrachte, mindestens eineinhalb komplett unter Adrenalin stand.


Die folgenden Bilder stammen von meinem zweiten Besuch bei den Probeimkern:

Hier sieht man die Bienenkästen; der kleine Kasten ganz links ist ein Ableger. Mit diesem wird versucht ein neues Volk zu bilden, indem aus anderen Kästen besetzt Rähmchen eingesetzt werden. Natürlich muss auch eine Königin dabei sein.
Da sich im vorderen Bereich die Einfluglöcher, besser gesagt der Einflugschlitz befindet, ist es ratsam sich hinter den Kästen aufzuhalten.


Die Bienenkästen, auch Beuten genannt, bestehen in der Regel aus mehreren übereinander gestapelten Stockwerken. Die oberen Stockwerke sind durch ein Gitter (im Bild links an den anderen Kasten gelehnt) abgetrennt, das so eng ist, dass die Königin nicht durch kann, die Arbeiterinnen hingegen schon. Dadurch soll erreicht werden, dass im oberen Bereich nur der Honig eingelagert wird (Honigraum). Im unteren Bereich ist der Brutraum.


Wie bereits beschrieben müssen die Rähmchen gezogen und kontrolliert werden, ob unnötige Waiselzellen vorhanden sind.


Um den Bienen den Aufbau zu erleichtern, werden leicht vorgeprägte Wachsplatten in die Rähmchen eingehängt. Diese werden durch Drähte gehalten.


Und hier ist das flüssige Gold. Unter diesen bereits verdeckelten Waben befindet sich das was alle Wollen - HONIG :o)


Wie das mit den Bienchen und Blümchen funktioniert wissen meine Leser sicherlich. Eine Jungkönigin, die schwärmt, wird nebst Arbeiterinnen auch von Drohnen, also männlichen Bienen begleitet. Da die Waben für Drohnen größer sein müssen, wird oftmals ein leeres Rähmchen eingesetzt, damit die Bienen selbst das Werk vollenden können.
Achja, im rechten Teil des Bildes sieht man einen Bienenbesen. Mit diesem kann man Bienen ab- und zusammenkehren und falls notwendig wieder in den Kasten zurück "schaufeln".


Und hier noch ein tolles Bild. Ich habe es nachbearbeitet und aufgehellt. Meiner Meinung nach wirklich beeindruckend dieser Bild in die Tiefen des "Baus".


Ich kann heute noch nicht mit Gewissheit sagen, dass ich bei diesem Hobby bleiben werde. Eine gewisse Begeisterung ist aber geweckt.

Ich hoffe Ihr konntet ein paar Eindrücke gewinnen.

Schöne Grüße

Martin :o)

2 Kommentare:

  1. Hi Martin!

    Super toller Bericht über unsere neue Leidenschaft:-)!
    Danke schön - und ich hoffe, wir sehen Dich nächstes Jahr als "echten" Probeimker... wieder.

    Jetzt hab ich mit Deinem Bericht endlich auch ein "Dokument" über meine fleißigen und braven Bienchen. Bin nämlich vor lauter gucken und staunen gar nicht zum fotografieren gekommen.

    Viele liebe Grüße
    Ulli

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